90%-Verwaltungsvermögenstest ggf. nicht anzuwenden
FG Münster vom 24.11.2021 – 3 K 2174/19
Nachdem das Finanzgericht Münster im Rahmen der Entscheidung zur Aussetzung der Vollziehung vom 03.06.2019 ernstliche verfassungsrechtliche Zweifel geäußert hat, hat das Finanzgericht nunmehr die Anwendbarkeit des 90%-Verwaltungsvermögenstests als Missbrauchsvorschrift eingeschränkt, wenn dieser zu einem wirtschaftlich nicht nachvollziehbaren Ergebnis führt.
Der sogenannte 90%-Verwaltungsvermögenstest kann dazu führen, dass keine erbschafts- oder schenkungssteuerliche Begünstigung für gewisses inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Betriebsvermögen und bestimmte Anteile an Kapitalgesellschaften gewährt wird, wenn das Verwaltungsvermögen mindestens 90% des gemeinen Werts des begünstigungsfähigen Vermögens unter Vernachlässigung etwaiger Schulden beträgt.
Führt also die Nichtberücksichtigung von Schulden zu einem wirtschaftlich nicht nachvollziehbaren Ergebnis, ist dieser gesetzliche Einstiegstest nicht durchzuführen, so dass Finanzgericht.
Unsere Urteilskommentierung sowie Steuerberater-Tipps aus Kassel:
Leider hat das Finanzgericht Münster die Gelegenheit nicht genutzt, die Sache dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Sie können sich von daher nicht direkt auf das Finanzgerichtsurteil berufen und müssen ggf. selber klagen.
Sofern auch Sie von dem 90%-Verwaltungsvermögenstest in vergleichbarer Weise zu Unrecht wirtschaftlich benachteiligt werden, sollten Sie sich vor einer Klage nicht scheuen. Auch wir hatten bereits in einem ähnlich gelagerten Fall vor dem Finanzgericht geklagt (Aufgrund eines Änderungsbescheides des Finanzamtes kam es jedoch nicht zu einem entsprechenden Urteil).